bolko bullerdiek (bolko.bullerdiek@web.de)
23-6-2006
Herrn
Joh. D. Bellmann
Appenser Str. 9, 21643 Nindorf
Lieber Jan,
es tut mir sehr leid, dass dich die Rezension von Hans Joachim Meyer verletzt hat. Aber wenn du schreibst, du hättest nicht gedacht, „daß der ,Quickborn‘ einmal mit der Moralkeule Holocaust“ nach dir schlagen würde, und wenn du von einem „Anschlag“ sprichst, so kommt mir das sehr unwirklich vor. Du weißt doch, dass bei einem Quickborn-Heft nicht der Vorstand entscheidet, ob eine Rezension gedruckt wird. Nicht einmal die Redaktion bespricht das. Wie sollten wir das in einer ehrenamtlichen Redaktion wohl leisten? Wenn also jemand schuld ist, dann ist es der Rezensent und dann bin ich es, der als Heftmacher hätte eingreifen können.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass kein lebender Autor in der Quickborn-Redaktion und im Quickborn-Vorstand mehr Verehrung genießt als du.
Trotzdem habe ich diese Rezension so behandelt wie andere Rezensionen auch: Ich habe sie abgedruckt. Hätte ich dir einen Gefallen getan, wenn ich sie herausgenommen hätte?
Eine Rezension entsteht, wenn ein Buch und ein Leser zusammenstoßen. Eine Rezension dokumentiert, was ein Buch im Kopf des Rezensenten auslöst. Es ist möglich, dass ein Rezensent etwas überliest; dass er von seiner persönlichen Geschichte aus subjektiv liest, also auf Grund eigener Voreingenommenheit etwas verzerrt wahrnimmt; dass er sich durch das Buch bestätigt oder angegriffen oder erfreut oder belästigt fühlt. All das ist möglich und macht Rezensionen spannend. Rezensionen sind Urteile einzelner Leser und keine Gottesurteile. Der Rezensent hat das Recht auf Irrtum. Und als Leser einer Zeitschrift lese ich lieber subjektive Urteile als ausgewogene, lieber irrende als harmlos lobende.
Hätte ich diese Rezension herausgenommen, hätte ich das Gefühl gehabt, ich hätte dir eine authentische Leserreaktion vorenthalten. Wenn eine Rezension deutlich den Leseerfahrungen anderer Leser widerspricht, dann werden diese Leser sich ärgern und dem Rezensenten widersprechen. Und diese Reaktion hat es ja auch sofort gegeben. Mit diesem Widerspruch muss der Rezensent leben. Und dieser Widerspruch macht auch das Buch interessanter.
Lieber Jan, eben habe ich auch noch den Brief erhalten, den du mir direkt geschickt hast. Es tut mir leid, dass es dir nicht gut geht. Du kannst stolz sein auf deine vielen Freunde und Leser, die dein Werk verteidigen. An dem Punkt kannst du beruhig sein. Es wäre schön, wenn ich dich am 12. Juli bei Jochen Müller-Roselius sehe.
Herzlich grüßt dich
Heft Artikel von: Bullerdiek, Bolko